Cover
Titel
Une pincée de sel. Les débuts de l’exploitation saline dans le Chablais vaudois 1554 – 1685


Autor(en)
Vernez, Marlyse
Reihe
Bibliothèque historique vaudoise (148)
Erschienen
Lausanne 2020: Bibliothèque historique vaudoise
Anzahl Seiten
288 S.
von
Benjamin Spielmann

Marlyse Vernez beleuchtet die ersten 130 Jahre der Waadtländer Salzproduktion, vom Zeitpunkt der Vergabe der ersten Konzession an Privatpersonen bis zur Verstaatlichung der Anlagen unter der Berner Obrigkeit. Die Autorin stützt sich primär auf Quellen, die sie in den Staatsarchiven Bern und Waadt vorfand. Marlyse Vernez wurde von Lucienne Hubler unterstützt – in welcher Form, wird nicht weiter erläutert.

Das Buch beginnt mit einem Überblickskapitel zu Währungen, Gewichten und Masseinheiten, wie sie im Untersuchungsgebiet des 17. Jahrhunderts verwendet wurden. Dies hilft zur Einordnung, denn in der Publikation wird ausgiebig mit quantitativen Einheiten gearbeitet. Danach widmet sich das Werk den Konzessionen und vor allem den Konzessionären. Es werden Namen, Familienverhältnisse, Geschäftsbeziehungen, Herkunftsorte und monetäre Angaben wie Preise, Entschädigungen und Kosten aufgeführt. Die erste Konzession ging 1554 an die Berner Patrizierfamilie von Graffenried, die den Salzabbau nur kurze Zeit betrieb. Nach ihr übernahmen in kurzen Abständen verschiedene Familien die Geschäfte, bis diese von 1604 bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes in den Händen der Augsburger Familie Zobel blieben. Auch die Salinendirektoren (facteurs), die für die operative Führung zuständig waren und die wie die Konzessionäre oft aus Süddeutschland stammten, und deren Familienverhältnisse werden in einem Kapitel vorgestellt.

Die Ausführungen über die Produktionsbedingungen und die Arbeitsmethoden in den Salzminen werden durch Bildmaterial ergänzt, was lebhafte Einblicke in den Untertagebau in jener Zeit ermöglicht. Raum erhalten auch technische Aspekte des Salzabbaus: angefangen von der Gewinnung des salzhaltigen Wassers im Berginnern über die Erhöhung der Salzkonzentration durch Verdunstung in Gradierwerken bis hin zum Sieden der hochkonzentrierten Sole und damit zur Ausfällung des Salzes in den Salinen.

Anhand von Fallbeispielen wird aufgezeigt, dass es zwischen den Salinen und den angrenzenden Gemeinden immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten wegen der Waldnutzung kam: Der Bau von Gradierwerken und das Sieden der Sole erforderten nämlich grosse Holzmengen.

In einem nächsten Kapitel werden Berufsgruppen vorgestellt, die in der Salzgewinnung tätig waren. Die weniger qualifizierten Arbeiter wurden meist aus der Region rekrutiert und erhielten neben einem monetären Wochensalär Naturalien wie Mahlzeiten, Kleider oder Wein. Bauern aus der Gegend erbrachten Transportdienstleistungen und lieferten Holz. Die höherrangigen Fach- und Führungskräfte mit ausgewiesener Expertise im Salzabbau kamen in der Regel aus Deutschland oder Österreich und wurden mit einem Jahresgehalt entschädigt. Ernährungsgeschichtlich interessant sind die Speisepläne für die Minen- und Salinenarbeiter, die aufgelistet und kommentiert sind.

Am Schluss des Buches wird dargestellt, wie die Anlagen von privaten in staatliche Hände übergingen. Denn obwohl viel Geld in den Salzabbau und die Errichtung von Anlagen investiert wurde, blieben die Produktionsmengen unter den Erwartungen. So konnte lediglich eine regionale Nachfrage gedeckt werden. Die Hoffnung, den Salzbedarf des Berner Staatsgebiets zu decken und von Salzlieferungen aus dem Ausland autark zu werden, blieb unerfüllt.

Die Publikation zeichnet sich durch eine grosse Quellennähe, eine Fülle an quantitativen Daten, ansprechende Bilder und Karten sowie übersichtliche Tabellen aus. Sie bietet viele Anknüpfungspunkte für weitere Recherchen, die sich der Salzgewinnung in der frühen Neuzeit im Waadtland widmen, und eine solide Grundlage zur Vertiefung regionalhistorischer Aspekte beispielsweise anhand von Quellen aus kommunalen Archiven.

Der Detailreichtum kann auch als Minuspunkt ausgelegt werden: An den vielen Namen, Jahrzahlen, Orten und Geldwerten leidet mitunter der Lesefluss. Weniger wäre oft mehr gewesen. Der Eindruck entsteht, dass der Arbeit der grössere thematische Bogen fehlt, was sich auch an der eher zufällig wirkenden Kapitelzusammenstellung zeigt. Zudem hätte die Nummerierung der Kapitel und Unterkapitel die Orientierung erleichtert.

Marlyse Vernez beleuchtet ein Thema, das bislang viel zu wenig Beachtung erhalten hat. Indem das Buch sowohl der Frage, wie sich Stadt und Republik Bern vor der Erschliessung der Rheinsalinen 1836 mit inländischem Salz versorgten, nachgeht, als auch Einzelpersonen, Beziehungsgeflechte, Berufsgruppen und den Arbeitsalltag der Minen- und Salinenarbeiter porträtiert, ist es nicht nur von wirtschaftshistorischer Relevanz, sondern auch aus einer alltags- und sozialgeschichtlichen Perspektive von Bedeutung. Für alle, die sich mit personellen Aspekten der bergmännischen Salzgewinnung und dem Sozial- und Wirtschaftsgeschehen im Chablais des 16. Und 17. Jahrhunderts beschäftigen, ist diese Arbeit eine unerlässliche Lektüre.

Zitierweise:
Spielmann, Benjamin: Rezension zu: Vernez, Marlyse in Zusammenarbeit mit Lucienne Hubler: Une pincée de sel. Les débuts de l’exploitation saline dans le Chablais vaudois 1554 – 1685. (Bibliothèque historique vaudoise, Bd. 148). Lausanne: Bibliothèque historique vaudoise 2020. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 83 Nr. 4, 2021, S. 118-120.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 83 Nr. 4, 2021, S. 118-120.

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